An einem heißen Tag in ein angenehm kühles Haus zu kommen oder auch im Sommer im Büro einen kühlen Kopf zu bewahren: Das beginnt mit einer intelligenten Gebäudeplanung. Mit der "Leiter der Kühlung" als Leitfaden machen Sie Gebäude auch für heute und morgen lebenswert. Diese und viele weitere spannende Informationen aus der Expertenrunde zum Thema Überhitzung (eine Initiative von VEROZO, dem belgischen Berufsverband für Beschattung und Jalousien) können Sie hier nachlesen.
"Ein intelligentes Gebäudedesign beseitigt bis zu 80 % des Kühlbedarfs", stellt der ir. arch. Joost Declercq (Forschungsdirektor bei Archipelago Architects und Mitglied der KULeuven) deutlich. Laura De Wilde, Beraterin der Studienabteilung des NAV, stimmt dem zu und fügt hinzu: "Die Grundlage eines klimaangepassten Gebäudes liegt in der Gestaltung einer leistungsfähigen Gebäudehülle. Passive Methoden wie natürliche Belüftung, Beschattung und thermische Masse sollten idealerweise bereits in der Entwurfsphase berücksichtigt werden. Bei der derzeitigen EPB/EPC-Methodik ist dieses Verhältnis unausgewogen, was dazu führt, dass man sich mehr auf die technischen Anlagen als auf die Leistung der Gebäudehülle konzentriert, was bedeutet, dass die Ressourcen oft falsch eingesetzt werden. Und das hat zur Folge, dass ohnehin viel Energie für die Kühlung benötigt wird."
Prof. Dr. Ir. Bauphysik und nachhaltiges Bauen an der KULeuven Hilde Breesch befürwortet zudem die Nachtlüftung über den Kamineffekt als heiligen Gral im Kampf gegen die Überhitzung von Gebäuden. Zusammen führen diese Erkenntnisse zu demselben Schluss: In unserem Klima kann man eine aktive Kühlung vollkommen überflüssig machen, wenn man der Gebäudeplanung genügend Aufmerksamkeit schenkt. "Es ist eigentlich ganz logisch", erklärt Joost Declercq: "Man beginnt mit der richtigen Ausrichtung eines Gebäudes und verteilt die Fenster entsprechend der Sonneneinstrahlung intelligent auf die Fassaden." Bei neuen Gebäuden beginnt man mit einer leeren Leinwand für diesen Zweck. Bei einem Renovierungsprojekt sind die Karten natürlich anders verteilt. Aber auch dann kann man Maßnahmen vorschlagen, die zu einem klimaangepassten Wohnen beitragen. Denken Sie an die (Neu-)Ausrichtung bestimmter Wohnfunktionen, die Bereitstellung oder Aktivierung von mehr thermischer Masse und den Einbau von Außenjalousien an kritischen Glasscheiben. Ein Denkanstoß.
In jedem Fall besteht der Trick vor allem darin, die Innentemperatur nicht zu hoch ansteigen zu lassen. Vorbeugen ist immer besser als heilen ... vor allem, indem man verhindert, dass die Sonnenstrahlen direkt auf das Glas scheinen und den Innenraum aufheizen.
Da die Sonne eine der Hauptursachen für den Anstieg der Temperaturen im Haus ist, ist es nicht unlogisch, dass der Klimawandel die Überhitzungssaison verlängert. Hilde Breesch: "Früher bedeuteten drei (Sommer-)Monate ein Überhitzungsrisiko, jetzt müssen wir sogar im Frühjahr und Herbst mit Überhitzung rechnen. Es handelt sich also um ein Problem längerer Zeiträume im Jahresverlauf." Dies wird auch von Prof. ir. arch. Shady Attia, Leiter des Labors für nachhaltige Gebäudetechnik an der Universität Lüttich. "Mit besserer Isolierung, Luftdichtheit und größeren Glasflächen sehen wir zunehmend eine Überhitzung im Frühjahr und Herbst und sogar an sonnigen Wintertagen. Vor allem in gut isolierten Gebäuden hält sich die Wärme, die ins Innere gelangt, länger."
Es geht also darum, die Fenster im Außenbereich vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen. Mit Bildschirme oder zum Beispiel Stoffmarkisen. Wenn man diese frühzeitig in die Entwurfsphase einbezieht, kann man sie perfekt und vor allem sehr dezent in die Fassade integrieren. Gerade jetzt, wo die Stoffkästen und Seitenführungen immer kompakter und schlanker werden, sind sie auch nach der Montage kaum noch zu erkennen. Mit Sonnenschirme ist es nicht einmal mehr notwendig, die Fassade für die Stromversorgung zu durchbohren. Beim textilen Sonnenschutz gibt es jetzt für jede Art von Verglasung eine maßgeschneiderte, winddichte Lösung: von vertikale und Eckfenster zu horizontale oder schräge Verglasungen wie Oberlichter, Dachfenster oder Veranden.
Wollen Sie Außenjalousien nur als architektonischen Blickfang inszenieren? Dann sind auch ein Überhang, Markisen über den Fenstern oder Schiebepaneele vor den Fenstern eine Möglichkeit. Feststehend, horizontale Vordächer über den Fenstern oder Lamellen vor dem Glas bieten im Sommer Schatten und ziehen im Winter die tiefstehende Sonne maximal ein. Die Sicht nach draußen bleibt erhalten. Mit Schiebewände Bei den Fenstern haben Sie die freie Wahl, ob Sie die Sonne hereinlassen oder sie draußen lassen wollen.
Mit der Ladder of Cooling - erstellt vom niederländischen OSKA (Overleg Standaarden Klimaatadaptatie) - haben Sie bereits einen klaren Leitfaden für einen nachhaltigen, baulichen Umgang mit dem Überhitzungsproblem in Gebäuden. Dabei ist es besonders wichtig, bei jedem Entwurf oder jeder Sanierung die vier (sich ergänzenden) Schritte in chronologischer Reihenfolge zu durchlaufen:
"Das Ziel ist es, die vierte Stufe der Leiter durch intelligente Gebäudeplanung überflüssig zu machen", sagt Joost Declercq. "In unserem gegenwärtigen Klima ist dies durchaus möglich, unter anderem indem man - siehe Schritt zwei der Kühlungsleiter - genügend Aufwand in die Außenbeschattung steckt. "Meines Erachtens ist dies eine der am meisten unterschätzten Investitionen im aktuellen Wohnungsbau, da sie sich sehr positiv auf den Kühlbedarf und den Komfort auswirkt", pflichtet ihm Glenn Reynders (Energy Ville Business Developer / Dr. ir. KULeuven) bei. Ein weiterer Vorteil des dynamischen außenliegenden Sonnenschutzes: Auch im Winter kann man die kostenlose Wärme der tiefstehenden Sonne optimal nutzen. "Und das ist bei Sonnenschutzglas oder Folien an Fenstern nicht der Fall", fügt Joost Declercq hinzu. "Beide verzerren auch das Tageslichtspektrum, was für die Bewohner einen weniger angenehmen 'optischen' Nebeneffekt hat."
"Wenn man sofortige Lösungen braucht, um die Innentemperaturen unter Kontrolle zu halten, ist das ein Zeichen dafür, dass mit dem Gebäudedesign ohnehin etwas nicht stimmt", meint Joost Declercq. "In unseren Regionen kann man durchaus ein Gebäude entwerfen, das keine mechanische Kühlung benötigt. Als Architekten sollten wir uns daher massiv darum bemühen".
Neben der Beschattung ist auch die Nachtauskühlung ein wesentlicher Bestandteil eines solchen intelligenten Gebäudeentwurfs. Hilde Breesch: "Wenn man es gut durchdenkt, ist die intensive Belüftung über den Kamineffekt eine einfache und kostengünstige, passive Methode, um die Innenräume abzukühlen. Indem man ein Fenster oder eine Tür im Erdgeschoss und im Obergeschoss öffnet, lässt man kühlere Nachtluft durch das Gebäude zirkulieren und kühlt die thermische Masse so ab, dass sie am nächsten Tag Wärme puffern kann."
"Dafür muss natürlich eine ausreichende thermische Masse vorhanden sein", ergänzt Joost Declerq. "Stellen Sie sich ein Gebäude wie einen Schwamm vor, der Wärme absorbiert. Natürlich muss man einen Schwamm auch von Zeit zu Zeit auswringen können, weshalb er nachts über die 'Nachtkühlung' abkühlen können muss. Glücklicherweise sind Perioden, in denen die Außentemperaturen auch nachts höher sind als die Innentemperaturen, sehr selten und werden es auch bleiben. Und seien Sie versichert: Ein Gebäude mit solchen passiven Maßnahmen gegen Überhitzung muss nicht unbedingt mehr kosten, es muss nur gut konzipiert sein."
"Resiliente Gebäude und Städte sind in der Lage, sich ohne größere externe Eingriffe an extreme Wetterbedingungen anzupassen", schließt Prof. Dr. ir. arch. Shady Attia. "Klimaresilienz bedeutet, dass der Komfort während Hitzewellen aufrechterhalten wird, eine ausreichende nächtliche Kühlung gewährleistet ist, gefährdete Gruppen geschützt werden und Energieunabhängigkeit besteht. Ein klimaangepasster Ansatz konzentriert sich daher nicht nur auf den Komfort, sondern auch auf die Reduzierung von Risiken, Schäden und Energieabhängigkeit. So tragen gut konzipierte Gebäude auch zur kollektiven Klimaresilienz bei."
Beginnen Sie schon heute mit dem Bauen von morgen und beachten Sie bei Ihrem nächsten Entwurf die Grundregeln für ein klimaangepasstes Gebäude. Weitere Erkenntnisse und Expertentipps zu diesem Thema finden Sie in der umfassenden bericht vom 15. mai 2025 nach diesem Expertengremium.